Hallo, mein Name ist Manuel Friedrich und bin seit 2007 (Marathon-)Läufer. Beruflich bin ich Teil des Organisationsteams des Mainova Frankfurt Marathon, der immer am letzten Sonntag im Oktober stattfindet. Daher haben für mich die Marathonläufe im Frühjahr oder der ersten Jahreshälfte Priorität, um eine vernünftige Marathonvorbereitung absolvieren zu können.
Mein erster Marathon
Hamburg war im April 2007 mein 1. Marathonlauf. Nachdem ich 2005/06 nach einer Knieverletzung die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hatte, begann ich nach Reha und Krankengymnastik mit dem Laufen. Bis Mitte des Jahres 2006 freute ich mich irgendwann die 10-15km geknackt zu haben und wollte im April 2007 bereits die Marathondistanz in Angriff nehmen. Ich bereitete mich mit einem Trainingsplan und Tipps von Freunden rund 7-8 Monate auf das Projekt Marathon vor. Der Plan ging auf, mit 3:37 Stunden finishte ich meinen ersten Marathon. Der Zieleinlauf, das breite Grinsen auf dem Gesicht, das tolle und emotionale Gefühl es endlich gepackt zu haben, bleiben bis heute in Erinnerung. Mittlerweile bin ich 13 Marathons gelaufen, unter anderem in New York, beim Jungfrau-Marathon oder zuletzt in Paris. Es gab Jahre mit 2-3 Marathons im Jahr, aber auch eine Zeit ohne über die „Langdistanz“ zu starten und mich mal verstärkter über die 10km- oder Halbmarathonstrecken zu versuchen. Denn so eine Marathonvorbereitung sollte man nicht unterschätzen und gut in seinen Wochen- oder Tagesablauf integrieren können. Mal klappt dies aufgrund privater und beruflicher Termine weniger gut, mal gibt es Phasen da läuft die Marathonvorbereitung einfach von alleine.
Vom Marathonfieber gepackt geht es auf Bestzeitkurs
Die beste Marathonvorbereitung in meiner „Laufbahn“ hatte ich 2017 vor genau zwei Jahren. Begonnen hatte ich nach dem Frankfurt Marathon im November und Dezember mit einem Grundlagentraining in Richtung Winter. Lockere Dauerläufe, langsame Longruns bis in Richtung Halbmarathondistanz, ein paar Belastungen oder auch mal einen Traillauf im Taunus, dazu etwas Alternativtraining.
Auch ins neue Jahr startete ich gut mit 40 bis 60 Wochenkilometern. Anfang Februar entschied ich mich schlussendlich in Prag (7. Mai) zu starten, drei Monate (12 Wochen) ein intensiveres Marathontraining zu absolvieren und in Richtung neuer persönlicher Bestzeit zu gehen (Barcelona 2015: 3:18:02). Der erste Longrun lief problemlos über 29km, die Wochenkilometer wurden auf 65-75km hochgeschraubt. Keine Krankheit machte ein Strich durch die Rechnung, das Programm auf dem Trainingsplan konnte ich 1:1 abspulen, die Longruns in den nächsten Wochen mit 30, 31 und 33km verkraftete ich super. Mitte März zeigte die Statistik 88,2 Wochenkilometer. Die Motivation war weiterhin super. Wer intensiver trainiert, sollte auch seinem Körper etwas zurückgeben. Stabi-Training, Blackroll, ab und zu Sauna-Gänge, aber auch Massagen (1mal pro Woche) gehören zu meinem „Wohlfühlprogramm“. Frühling, Sonne, Laufen, Ende März wurde das Wetter sogar besser, da sprang auch gleich der erste 35km Longrun heraus. Das Training für Prag lief super (94 Wochenkilometer), aber es ist erst Halbzeit (Woche 6 von 12). Als Belohnung gab es erstmal ein paar neue Laufschuhe. Das Einlaufen der neuen Schuhe lief super und ein weiterer Baustein für die perfekte Vorbereitung wurde gesetzt.
Der erste Testwettkampf in der Marathonvorbereitung
In der 7. Trainingswoche stand am 2. April mein erster Wettkampf in der Marathonvorbereitung an. Es war kein Halbmarathon, sondern ein 25km-Lauf beim Seligenstädter Wasserlauf. Ich fand von Beginn an in mein Tempo und lief zusammen in einer kleinen Gruppe mit zwei ähnlich schnellen Läufern. Das Tempo konnte bis zum Schluss gehalten werden, ich freute mich damit über neue persönliche Bestzeiten über die 25km (1:44:13 Stunden) und auch über die Halbmarathon-Distanz (1:27:49). In der 8. Woche stand erstmal Regeneration auf dem Programm. Den Abschluss der Woche bildete ein langer Lauf (36km). Hier nutze ich die frühlingshaften Bedingungen um ca. alle 5km das Essen und Trinken zu üben. Auch über Ostern, in der neunten von zwölf Trainingswochen der Marathonvorbereitung, hatte ich keine Probleme mit dem Training. Einzig die Motivation für den letzten Longrun am Sonntag (17. April) ließ sehr zu wünschen übrig. Natürlich spürte man etwas Müdigkeit, die völlig normal ist in einer Marathonvorbereitung, doch bei vier Grad und im Regen starten, möchte man dann doch nicht. Aber es blieb kein anderes Zeitfenster und ich hatte meine Laufgruppe mit drei weiteren „Laufverrückten“. Gemeinsam zogen wir den Lauf durch (35km) und ich machte damit die 1000 Kilometer im Jahr 2017 bereits im April voll.
Der Prag Marathon kann kommen. Nun begann die Tapering-Phase. In den nächsten Wochen wurden die Umfänge sukzessive reduziert. Zwei Wochen vor dem Marathon stand dann noch ein letzter Test-Wettkampf mit einem schnellen „10er“ auf dem Programm. Hierbei nutzte ich den Madrid Marathon am 23. April, bei dem ich am Wochenende auf der Marathonmesse Werbung für den Frankfurt Marathon machte. Auch hier konnte die gute Form erneut bestätigt werden. Neue Bestzeit in 39:21 Minuten, obwohl ich drei Tage Marathonmesse in den Beinen hatte. Was sollte jetzt noch schief gehen. Es ging in die letzten beiden Wochen, wo es ging Beine hochlegen und den einen oder anderen lockeren Lauf noch absolvieren.
Nicht nur die marathonvorbereitung Auch privat läuft alles perfekt
Dazu gab es privat noch ein tolles Ereignis, so kurz vor dem Marathon. Ich zog mit meiner Partnerin zusammen und das letzte Wochenende vor Prag wurde zusammen mit Freunden umgezogen. Der Montag nach dem Umzugswochenende war Feiertag (1. Mai), ein lockerer Dauerlauf (10-12km) sollte es sein. Doch auf einmal während der Laufeinheit in der letzten Vorbereitungswoche hat es mich erwischt. Mist! Schmerzen im linken unteren Rücken, die sich bis zum Oberschenkel gezogen haben. Bei der Hälfte des Laufs musste ich abbrechen und machte mich etwas frustriert auf den Rückweg. Was tun? Woher kam es? Durch den Umzug? Oder doch etwas anderes? Ich hatte mir natürlich vorgenommen mich auszuruhen, die nächsten Tage nicht mehr zu laufen, zwei Tage Massage standen auf dem Programm, dazu warme Bäder und Wärmepflaster und ein paar Übungen täglich. Freitags vor dem Prag Marathon hatte ich vor einen Testlauf zu machen, doch auch diesen cancelte ich lieber. Unsicherheit machte sich breit. War die ganze Vorbereitung umsonst? Wie wird der Körper am Sonntag reagieren? Gelingt die „Wunderheilung“? Starten oder nicht starten?
Der Wettkampftag – Das Ende der marathonvorbereitung
Mit meinen Laufkollegen machte ich mich auf nach Prag, der Trip war schließlich schon länger geplant. Samstags wurden die Startunterlagen abgeholt und ich entschied mich am Sonntag auf jeden Fall zu starten. Ich bereite mich wie immer fokussiert auf den Marathontag vor. Die Anspannung und Nervosität waren riesig. Das Einlaufen mit den Laufkumpels am Sonntag vom Hotel zum Start lief gut. Wir wünschten uns gegenseitig viel Spaß und Erfolg und verabschiedeten uns in unsere jeweiligen Startblöcke (3:15 / 3:30 und 4:00). Ich hatte mir vorgenommen, das Rennen voll anzugehen, auf Bestzeit. Der Startschuss fiel, ich lief los, keine Schmerzen. Die ersten 5km lief ich in 22:45 Minuten an, auch die nächsten 5km-Splits passten (45:29 bzw. 1:08:08). Es gab viele Kurven, kleinere Brücken und sehr viel Kopfsteinpflasterpassagen, die ich aber ausblendete und ich mich im „Flow“ fühlte. Der Halbmarathon am Ende einer Wendepunktpassage wurde passiert, es lief weiterhin klasse. Zwei meiner Lauffreunde wollten um die 3:30 Stunden laufen, ich freute mich auf ein kurzes Wiedersehen bei der Wendepunktpassage.
Aufgeben ist keine Option
Doch auf dem Weg zu Kilometer 25 machten sich auf einen Schlag die Schmerzen im Rücken bis runter zum Bein bemerkbar. Es gab aufmunternde Worte von meinen Laufkumpels, die sich auf dem Weg zum Halbmarathonpunkt machten – ich sei super unterwegs. Ich versuchte ihnen zu signalisieren, dass meine Schmerzen wieder aufgetreten sind. Doch dies hatten sie nicht verstanden. Ich biss mich durch, Kilometer 25 (1:54:59) war ich immer noch im Zeitrahmen für die neue Bestzeit. Doch auf dem Weg zu Kilometer 30 ging nicht mehr viel. Bei Kilometer 28 blieb ich stehen, im Bereich einer Brücke, wo einen Geigenspieler als Straßenmusiker stand, dazu feuerten mich viele Zuschauer an „Go, go, go“ oder „Come on, stay strong“. Doch es ging nichts mehr, die Schmerzen waren zu groß. Ich hakte im Kopf die Bestzeit ab und war in diesem Moment sehr, sehr emotional und traurig, auch ein paar Tränen flossen. Ja, es ist nur ein Marathon und es gibt noch viele andere Marathons in den nächsten Jahren zu laufen. Doch in diesem Moment ist man einfach niedergeschlagen. Die monatelange Vorbereitung war auf einen Schlag für die Katz. Ich dehnte mich etwas und musste mich erstmal orientieren. Wo war ich überhaupt? Weit und breit kein Bus und keine Bahn – bis zum Ziel war es so oder so weit.
Ich entschied mich, etwas walken und spazieren zu gehen. Ganz bald müssten meine Laufkumpels kommen, die sich 3:30 Stunden als großes Ziel vorgenommen hatten. Die Pacemaker-Gruppen um 3:15 und 3:30 Stunden überholten mich wie im Flug. Ich hielt Ausschau, aber hatte niemanden gesehen. Habe ich sie verpasst? Ich lief gemütlich weiter, nutze das Angebot der Verpflegungsstationen und einer kurzen Behandlung bei der Massage und bekam weiterhin viele Zusprüche von den Läufern und Zuschauern. Ich entschied mich ins Ziel zu laufen bzw. zu gehen, wenigstens die Medaille abzuholen. Ab und zu versuchte ich wieder in einen Laufrhythmus zu kommen, brach dann aber sofort wieder ab. Nach 35km passierte mich ein großer Tross um die 3:45 Stunden. Weiterhin niemand meiner Lauffreunde in Sichtweite. Bei Kilometer 38 hörte ich dann Rufe nach meinem Namen und meine beiden Lauffreunde, Michael und Volker, blieben stehen, ebenfalls völlig entkräftet und die Marathonzeit in dem Moment völlig zweitrangig. Ich erzählte ihnen kurz über die Situation und wir entschieden uns zusammen ins Ziel zu laufen. Die letzten Kilometer – ob gehend oder walkend – versuchten wir irgendwie zu genießen. Sobald man den Zieleinlauf dann von Weitem sieht ist man auf einmal wieder vollkommen emotional dabei. Wir liefen das erste Mal zusammen bei einem Marathon ins Ziel ein und waren beim Überqueren der Ziellinie super happy. Wir haben es geschafft in 3:54:17 Minuten! Auch wenn wir unsere „Ziele“ deutlich verfehlten, Aufgeben war keine Option.
Manchmal muss man aus fehlern lernen
Generell hat für mich dieser Erfahrung folgendes gezeigt. Im Leben gehören auch Niederlagen, Enttäuschungen oder Scheitern dazu. Dies ist auch wichtig, um wieder aufzustehen und es erneut zu probieren. Nur so lernt man daraus, wird besser und steigert sich. Egal, ob beim Sport oder in anderen Bereichen. Ein Baustein für mich ist, die positiven Dinge zu sehen und sich nicht entmutigen zu lassen. Der noch viel wichtigere Punkt ist auch auf seinen Körper und seine Gesundheit zu hören. Wenn man Schmerzen hat, muss man sie auch ernst nehmen und nicht immer versuchen wegzudrücken oder wegzureden. Die Gesundheit ist das Wichtigste im Leben und wir haben sie nur einmal. Man liest zudem so viel darüber. Wer sich konsequent auf einen Marathon vorbereitet hat, sollte auch in der letzten Woche keine Fehler machen. Doch genau dies ist mir passiert. Nein, kein langer Lauf eine Woche vorher, etwas neues ausprobiert (Essen, Laufschuhe) oder zu wenig Schlaf. Für mich war es im Nachhinein die Lehre, eine Woche vor dem Marathon, keinen Umzug mehr zu legen oder bei einem Umzug zu helfen, um eine perfekte Vorbereitung auf einen Marathon zu absolvieren.
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