Sedentäres Verhalten - oder sitzendes Verhalten in Corona-Zeiten

Mein Bewegungsradius lässt sich auf wenige Quadratmeter zusammenfassen. Vom Bett geht es morgens – über einen Umweg durch das Bad – an den Schreibtisch. Der Schreibtisch steht derzeit praktischerweise in der Küche. Oder ist das eventuell fatal? Den Griff in den Kühlschrank kann ich mit etwas akrobatischem Geschick fast im Sitzen absolvieren. Mittags kann ich einfach sitzen bleiben und zwischen den Telefon- und Videokonferenzen mein Mittagessen zubereiten und verspeisen. Wenn ich dann ein Ende des Arbeitstages gefunden habe blicke ich auf meine Sportuhr und merke, dass meine Tagesaktivität unter 10% liegt. Normalerweise habe ich um diese Uhrzeit schon deutlich mehr Schritte zurückgelegt. Eigentlich laufe ich ins Büro. Für gewöhnlich stehe ich zwischendurch auf, um mit Kollegen etwas zu klären, um mir einen Kaffee zu holen, um dem Postboten die Tür zu öffnen oder auch um Smalltalk mit den Kollegen zu halten. Auch gehe ich normalerweise in der Mittagspause raus. Aber normal ist momentant wenig. Doch das Problem ist, sitzendes Verhalten ist absolut ungesund, das zeigen nicht nur viele Studien, das merke ich mittlerweile auch an dem immer wieder auftretenden Zwicken im Rücken und an meiner unausgeglichenen Laune.

 

Wie ist die Studienlage zu sitzendem Verhalten?

 

Studien zeigen auf, dass Erwachsene etwa die Hälfte der Tageszeit sitzend verbringen (Buksch & Schlicht,  2014, S.15). Das ist in den meisten Fällen auch einleuchtend, schaut man sich den Großteil der Bevölkerung an. Man sitzt auf dem Weg zur Arbeit, entweder im Auto oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln. In Deutschland üben viele Personen einen Bürojob aus, der wiederum zum Großteil sitzendes Arbeiten erfordert. Die Abende sind in vielen Haushalten dann auch eher durch sitzende Aktivitäten geprägt: Fernseh- und Medienkonsum.

Vondung und Buksch (2019, S. 295) postulieren, dass sich sitzendes Verhalten negativ auf die physische, psychische und sozioemotionale Gesundheit auswirkt. Sedentäres Verhalten wird sogar als Risikofaktor für viele Krankheitsbilder angesehen. Kardio-vaskuläre Erkrankungen, das metabolische Syndrom, Dyabetis Typ 2 und Adipostias sind entsprechende Krankeitsbilder (Banzer, 2017, S.80). Kurzum: sitzendes Verhalten führt zu einem allgemein schlechteren Gesundheitszustand.

 

Sitzendes Verhalten: Wie kann ich dem entgegenwirken?

 

Grundsätzliches Ziel sollte es sein die Gesamtdauer der sitzenden Tätigkeit in der Woche zu reduzieren. Da hilft es oftmals schon die sitzenden Tätigkeiten durch aktive Pausen zu unterbrechen.

Eine effektive Möglichkeit hierfür ist die sogenannte Pomodoro-Technik, die eigentlich als Zeitmanagement-Technik etabliert wurde um die Konzentration zu fördern. Bei dieser Methode werden Arbeitsphasen in 25-minütige Abschnitte eingeteilt. Nach jedem 25-minütigen Abschnitt folgt eine 5-minütige Pause. Wurden vier 25-minütige Abschnitte absolviert, folgt eine längere Pause von ca. 15-20 Minuten. Die Pausen lassen sich natürlich auch effektiv nutzen um bewusst das Gesrpäch mit Kollegen zu suchen oder in den längeren Phasen an die frische Luft zu gehen und sich die Beine zu vertreten, d.h. die Paus emuss nicht uneffektiv sein und die Arbeitsleistung muss darunter nicht leiden. Hauptsache kurz aufstehen und bewegen. Natürlich können die Zeitabschnitte auch anders gestaltet werden – es geht in unserem Zusammenhang lediglich darum bewusste Unterbrechungen im Arbeitsalltag einzubauen und sich zum Bewegen zu zwingen.

Wer das Glück hat über einen höhenverstellbaren Schreibtisch zu verfügen sollte dies ausnutzen und täglich eine gewisse Zeitspanne im Stehen arbeiten. Auch das hilft dabei die Gesamtdauer des sitzens zu minimieren. Natürlich ist das Arbeiten im Stehen zunächst körperlich anstrengend und herausfordernd. Die Zeitspannen des stehenden Arbeitens sollten allmählich gesteigert werden.

Beweglichkeitsübungen können darüber hinaus eine Abwechslung und Form der Bewegung am Arbeitsplatz sein. Wer viel am Schreibtisch sitzt, der leidet oft unter Rückenschmerzen. Mit Beweglichkeitsübungen kann dem entgegengewirkt werden. Von Kopf kreisen, über Schulter kreisen, Hüftmobilisation oder dem bekannten „Katze/Kuh-Rücken“ gibt es eine Vielzahl an möglichen Übungen.

Auch kann der Arbeitsweg genutzt werden um sich aktiv und bewusst zu bewegen. Wer statt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto auch mal auf das Fahrrad steigen kann um zur Arbeit zu kommen sollte das seiner Gesundheit zuliebe machen. Kein Geheimtipp ist sicherlich auch, die Treppen statt des Fahrstuhls oder der Rolltreppe zu nehmen. Nicht nur auf dem Weg ins Büro, sondern einfach immer.

 

Zusammenfassung der Tipps

 

  • bewusste Unterbrechungen im Arbeitsalltag einbauen
  • Schreibtisch verstellen und im Stehen arbeiten
  • Beweglichkeitsübungen am Arbeitsplatz
  • Arbeitsweg aktiv gestalten

 

Fazit

 

Es ist Zeit etwas zu ändern. Zum Glück bin ich Läuferin und kann abends meine Laufschuhe schnüren, somit schaffe ich an den meisten Tagen mein Aktivitätsziel. Auch in der Mittagspause drehe ich nun wieder eine Runde um den Häuserblock. Als nächstes werde ich aktive Unterbrechungen in meinem Arbeitsalltag integrieren – so eine Telfeonkonferenz lässt sich auch mal im Stehen absolvieren.

Wer bisher in der aktuellen Corona-Pandemie-Zeit noch nicht mit dem Laufen/Inlineskaten/Fahrradfahren angefangen hat, der sollte das spätestens jetzt machen!

Falls Du noch Motivation suchst um mit dem Laufen anzufangen, dann findest Du hier ein paar Erfahrungsberichte begeisterter LäuferInnen.

 

 

Quelle:

Bucksch J. & Schlicht W. Sitzende Lebensweise als ein gesundheitlich riskantes Verhalten, 2014, Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 65(01):15-21.

Vondung, C. & Bucksch, J. 2019, Sedentäres Verhalten reduzieren – eine neue und eigenständige Perspektive in der Bewegungsförderung, Bewegungstherapie und Gesundheitssport, 35(06): 295-301

Banzer, W. (2017) Körperliche Aktivität und Gesundheit. Berlin: Springer Verlag.