Nahrungsergänzungsmittel im Ausdauersport – Sinn oder Unsinn?

Der Verkauf an Nahrungsergänzungsmitteln boomt auch im Ausdauersport. So ergab eine Umfrage, dass 50-85% der Befragten von Sportvereinen und Fitnessstudios regelmäßig bis täglich Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Doch halten diese Produkte wirklich das, was sie versprechen oder ist das alles nur Geldmacherei?

 

Vorab klären wir erstmal die Frage was genau verstehen wir unter Nahrungsergänzungsmitteln?

 

Da Nahrungsergänzungsmittel (NEM) Lebensmittel sind, unterliegen sie den allgemeinen gesetzlichen Regelungen, die für alle Lebensmittel gelten. Die in Deutschland geltenden Bestimmungen werden in der Nahrungsergänzungsmittelverordnung – NemV festgehalten. So werden Nahrungsergänzungsmittel nach § 1 im NemV folgendermaßen definiert:

 

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel,

  1. die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen,
  2. aus Nährstoffen (Vitaminen oder Mineralstoffen) oder sonstigen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in konzentrierter Form vorliegen und
  3. in dosierter Form zu Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen in den Verkehr gebracht werden.

 

Nahrungsergänzungsmittel enthalten ernährungsphysiologisch wirksame Nährstoffe in dosierter und konzentrierter Form. Daher werden sie in Form von Kapseln, Tabletten oder Trinkampullen – ähnlich wie Arzneimittel – produziert. Allerdings sind sie von denen deutlich zu unterscheiden, da sie nicht der Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten dienen.

Wir schauen uns die Mikronährstoffe an, zu denen die Vitamine und Mineralstoffe zählen und die zu den am häufigsten verkauften Nahrungsergänzungsmittel zählen.

Sportler haben im Vergleich zu Nicht-Sportlern meistens einen erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen. Vor allem bei Leistungssportlern entsteht ein Mehrbedarf an den Vitaminen A, C und E, bei Magnesium, Calcium, Eisen, Vitamin B6, Folat, Jod und Zink, da Mineralstoffe durch das Schwitzen ausgeschieden werden. Aber auch Freizeitsportler, die sich auf einen Marathon vorbereiten, haben bedingt durch das Training, einen erhöhten Bedarf an Mineralstoffen. Für einzelne Vitamine und Mineralstoffe existieren nationale sowie internationale Empfehlungen zur täglichen Zufuhr, jedoch kommt es immer auf Alter, Körpergewicht, Geschlecht und die physiologischen Umstände an.

 

Nahrungsergänzungsmittel im Ausdauersport: Vitamine

 

Als Nahrungsergänzungsmittel sind die Vitamine A, C, E und D besonders beliebt, sowohl im Ausdauersport aber auch generell. Ob die Zufuhr dieser Antioxidantien hilfreich ist, wird seit mehreren Jahren in Frage gestellt. So zeigen aktuelle Studien, dass die vermeintlichen gesundheitsfördernden Effekte nicht belegt werden können. Es konnte nachgewiesen werden, dass bei Marathon Läufern die Einnahme von Vitamin C eine leichte Reduktion des Erkältungsrisikos bewirken kann. Kommt es dahingegen zu einer Überdosis, haben fettlösliche Vitamine wie Vitamin A, D und E, die in der Leber gespeichert werden, Toxizitätspotenzial. Chronische Überdosierungen können sich negativ auf die Leber, das zentrale Nervensystem, Haut und Knochen auswirken. Eine Überdosierung von Vitamin E kann, auch wenn es nur selten vorkommt, zu einem erhöhten Blutungsrisiko und Magen-Darm-Beschwerden führen. Allgemein treten Überdosierungserscheinungen äußerst selten auf. Ein kontraproduktiver Einfluss von Vitamin C konnte beispielsweise erst ab einer 16-fachen Überschreitung der empfohlenen Tagesdosis nachgewiesen werden.

Vitamin D wird durch UV-B Strahlung selbst vom Körper hergestellt und spielt eine wichtige Rolle im Calcium Stoffwechsel. Ein Mangel kann zu einer verminderten Knochendichte und dementsprechend zu Knochenbrüchen führen. Da in allen Altersklassen weltweit Mängel zu beobachten sind, die sich negativ auf die sportliche Leistung auswirken können, sollten Sportler ihre Werte kontrollieren lassen und gegebenenfalls die Zufuhr von NEM Präparaten in Erwägung ziehen.
Für Sportler sind zudem die wasserlöslichen B-Vitamine interessant, da sie für den energieliefernden Metabolismus beitragen. Dazu gehören unter anderem Thiamin (Vit. B1), Riboflavin (B2), Niacin, Pyridoxin (B6) und Cobalamin(B12), die normalerweise mit der Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen werden. Bei Veganern kann allerdings eine Supplementierung von Vitamin B12 sinnvoll sein. Falls die individuelle Tagesdosis überschritten wird, werden sie einfach über die Niere ausgeschieden.

 

Nahrungsergänzungsmittel im Ausdauersport: Mineralstoffe

 

Mineralstoffe sind bei Sportlern die am häufigsten konsumierten NEM. Dabei führen Magnesium, Eisen und Calcium die Rangliste bei den Konsumenten an. Normalerweise werden Mineralstoffe mit der Nahrung aufgenommen, denn für den Stoffwechsel werden nur geringe Mengen benötigt. Allerdings ist darauf zu achten, dass der Bedarf bei jedem Menschen unterschiedlich ist. Über den Schweiß werden vor allem Chlorid und Natrium abgegeben sowie geringe Mengen an Kalium, Calcium und Magnesium. Bei Breitensportlern kann dieser meist geringe Verlust problemlos mit der Nahrung kompensiert werden. Des Weiteren sind Chrom, Zink, Phosphat, Mangan, Selen und Kupfer weitere beliebte Mineralstoffe, die von Sportlern konsumiert werden.

 

Betrachten wir einmal die beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel im Ausdauersport unter den Mineralstoffen:

 

Magnesium ist zwar für Sportler wichtig, da es Enzyme für die Protein-Synthese aktiviert und an ATP-Reaktionen beteiligt ist, kann aber, sofern kein Mangel vorliegt, bei einer Überdosis zu Magen-Darm-Problemen führen.

Vor allem Frauen, Vegetarier und Ausdauersportler weisen häufig Eisenmängel auf. So kann eine kurzzeitige, gezielte Therapie sinnvoll sein, sollte aber unter medizinischer Absprache erfolgen.

Da Calcium wichtig für den Knochenstoffwechsel, Blutgerinnung und Muskelfunktion ist, sollte es bei Osteoporose (verminderte Knochendichte) supplementiert werden.
Ähnlich wie Magnesium kann die Einnahme von Zink die sportliche Leistung nur so lange verbessern, bis ein vorliegender Mangel kompensiert wurde.

Bei einem ausgeglichenen Mineralhaushalt wurden keine positiven Effekte durch die Supplementierung von Mineralstoffen erwiesen. Es kann eher zu gegenteiligen Effekten kommen. Da einige Nährstoffe die gleichen Transsportwege nutzen, kann es bei einer Überdosis des einen Stoffes zu einer verminderten Verfügbarkeit des anderen Stoffes kommen, da die Transportwege blockiert sind. Daher sollte eine Supplementierung von Mineralstoffen erst nach Feststellung einer tatsächlichen Mangelsituation erfolgen.

 

Fazit

 

Wie der Name Nahrungsergänzungsmittel schon sagt, zielt es auf die Ergänzung der Ernährung ab. Für die Einzelperson kann eine Supplementierung von Vitaminen oder Mineralstoffen sinnvoll sein, das hängt aber immer von der individuellen Situation, Ernährungsgewohnheiten und Lebensumständen ab.

Bei gesunden Personen sollten mit einer vollwertigen Ernährung der Nährstoffbedarf voll abgedeckt werden. Für einige wenige Leistungssportler kann die Einnahme von NEM sinnvoll sein, jedoch ist der individuelle Bedarf entscheidend. Zu den wenigen Ausnahmesituationen zählen z.B. Gewichtsklassensportarten, vegetarische/vegane Ernährung, Lebensmittelunverträglichkeiten oder eine eingeschränkte Lebensmittelauswahl auf Reisen. Sportler sollten eine Einnahme von NEM gründlich überdenken und mit ihrem Arzt besprechen und sich der potenziellen Risiken bewusst sein. Eine Einnahme von Nährstoffen über den Bedarf hat keine leistungssteigernde, sondern eher gegenteilige Effekte. Ernährungsfehler können durch sie nicht vollständig kompensiert werden. Außerdem sollte man sich im Klaren sein, dass jeder Mensch individuell auf NEM reagiert.

Da keine Empfehlungen zum Gebrauch gegeben werden können, obliegt es im Einzelnen dem Leser, die vorgestellten Ergebnisse zu bewerten und verantwortungsbewusst umzusetzen. Jedem sollte bewusste sein, dass es keine Wundermittel gibt und wenn es so wäre, würden sie auf der Dopingliste stehen.

 

Quellen:

 

Parr, M. K.; Schmidtsdorff, S. & Kollmeier, A.S. (2017). Nahrungsergänzungsmittel im Sport – Sinn, Unsinn oder Gefahr? Gesundheitsblatt. Springer Verlag: Berlin 2017.

Weltin, V, (2015). Motivation und Ernährungsverhalten von Marathonläufern – Ergebnisse einer Online-Umfrage. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/nem-gesetzliche-regelungen#nem-2